Immortalis - Prominenz auf Schweizer Friedhöfen

55 Prominenz auf Schweizer Friedhöfen K Mascha Kaléko Lyrikerin * 7.6.1907 Polen † 21.1.1975 Zürich Zürich In der grossen Zeit der deutschen Literatur – dem Berlin der 20er- und 30erJahre – gehörte sie zu den Stars. Ihr Name wurde im gleichen Atemzug wie Tucholsky, Brecht, Kästner oder Thomas Mann genannt, ihre Gedichte mit denen Heinrich Heines verglichen. Ihre im ironisch-zärtlichen Ton gehaltene «Grossstadtlyrik» – eine schwermütige Mischung aus Berliner Schnauze und heiterer Melancholie – traf die Herzen der «kleinen Leute» der Zwischenkriegszeit. Kaum erschienen, landete ihr «lyrisches Stenogrammheft» auf dem Scheiterhaufen der Nazis. Heute ist es der erfolgsreichste deutsche Lyrikband des 20. Jahrhunderts. Erst spät – 1939 – flüchtete die Jüdin ins Exil, wo sie allmählich verEpitaph auf die Verfasserin Hier liegt M.K., umrauscht von einer Linde. Ihr «letzter Wunsch»: dass jeglicher was finde. Der Wanderer Schatten, und der Erdwurm Futter. Ihr Lebenslauf: Kind, Weib, Geliebte, Mutter. Poet dazu. In Mussestunden: Denker. An Leib gesund. An Seele sichtlich kränker. Als sie verschied, verhältnismässig jung, glaubte sie fest an Seelenwanderung. Das erste Dasein ist die Skizze nur. Nun kommt die Reinschrift und die Korrektur. Sie hatte wenig, aber treue Feinde. Das gleiche, wörtlich, gilt für ihre Freunde. Das letzte Wort behaltend, bis ans Ende, schrieb sie die Grabschrift selber. Das spricht Bände. Mascha Kaléko stummte und in Vergessenheit geriet. Ihre letzte Reise führte sie 1974 noch einmal in ihr geliebtes Berlin, auf der Rückreise nach Jerusalem starb sie allein und verlassen in Zürich. Werke u. a.: «Das lyrische Stenogrammheft» (1933), «Kleines Lesebuch für Grosse» (1935), «Verse für Zeitgenossen» (1945).

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